Ende August war das Partydorf Willingen wieder einmal Deutschlands Schachhauptstadt, denn das Sauerland Stern Hotel war wieder der Austragungsort der Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften 2021 (Chessy-Logo - Deutsche Schachjugend). Unter den ca. 360 Teilnehmern in den Altersklassen u10 bis u18 waren mit Maila, Arvid, Veronika und Rubina (noch für Neuenhagen startend) vier TSGer dabei.


Maila Ruddat (Foto - Deutsche Schachjugend)Maila, die als Perspektiv-Spielerin von der Berliner Schachjugend nominiert wurde und durch die Absage einer Berliner Qualifikantin profitierte, war mit ihren sechs Jahren die jüngste Teilnehmerin des gesamten Feldes in der Altersklasse u10w, auf dem letzten Platz der Setzliste geführt.  Sie hatte sich jedoch ganz bewußt für die Teilnahme entschieden, obwohl zu erwarten war, dass sie zumindest zu Beginn viel Lehrgeld würde zahlen müssen. Nach wie vor gibt es aufgrund Corona einfach zu wenig andere Möglichkeiten, DWZ-Turniere zu spielen. Doch nachdem sie sich in der ersten Partie noch an die Größe des Spielsaals, das Spielen mit Maske und nicht zuletzt ans Aufschreiben gewöhnen musste, fand sie sehr schnell ins Turnier. Schon ihre zweite Partie dauerte wie einige weitere mehr als dreieinhalb Stunden, die sie, wie uns berichtet wurde, wie „angeklebt“ auf ihrem Stuhl verbachte. In der dritten Runde holte sie sehr glücklich, aber auch sehr verdient ihren ersten halben Punkt gegen ihre 200 Punkte bessere Gegnerin. Das nächste ließ sie gleich in der vierten Runde folgen, leider ein Patt mitten auf dem Brett mit Mehr-Dame, -Turm und –Springer. Danach stand sie in mehreren Partien klar auf Gewinn, hatte aber noch nicht die Kraft, den Punkt gegen ihre oft sehr viel älteren Gegnerinnen über die Ziellinie zu retten. Als sich schon ein wenig ihre Müdigkeit und geringere Kondition bemerkbar machte, klappte es endlich in Runde 10 mit ihrem ersten Sieg. Maila hat in diesem Turnier viel gelernt – z.B. im Endspiel die Schlüsselfelder zu halten und den König mitspielen zu lassen oder viele gegnerische Fallen in der Eröffnung (Max-Lange-Angriff, Evans-Gambit etc.) zu umschiffen. Und genau für diese Erfahrungen und zur Vorbereitung auf die IEM u8 in Sebnitz war das Turnier gedacht. Mit ihren zweieinhalb Punkten ließ sie drei Kontrahentinnen hinter sich. Rechnet Euch mal aus, was passiert, wenn sie bei jeder weiteren Teilnahme nur zwei Punkte mehr holt – sie darf noch vier Mal bei der u10w spielen.

Arvid (rechts) mit U12-Kumpel Christian und Landestrainer Andreas Rehfeldt auf dem EttelsbergFür Arvid war es in seinem „fortgeschrittenen Alter“ die erste Teilnahme bei einer DEM, die erst sich überraschend durch seinen fünften Platz bei der Berliner Qualifikation erspielt hatte. Ebenfalls nur am Tabellenende gesetzt, war auch Arvid in der ersten Runde - noch dazu im reinen Berliner Duell mit Bagrat Torosyan (Borussia) – vor Aufregung etwas angespannt und vielleicht auch ein wenig beeindruckt von der Größe des Turniers. Aber schon im Laufe der zweiten Runde konnte er den Schalter umlegen und besiegte trotz Qualitätsverlust in der Eröffnung seinen 250 Punkte stärkeren Gegner Max Kullmann (TuS Coswig) in einer sehenswerten Partie. Auch gegen stärkste Gegnerschaft hielt Arvid sehr gut mit und konnte sich dank einiger weiterer Siege immer der Mitte der Tabelle aufhalten. Besonders hervorzuheben ist seine Experimentier-Freude bei den Eröffnungen. Waren bei einem Gegner Schwächen im Repertoire zu erkennen, dann wechselte Arvid prompt und sehr wissbegierig, lernte die neuen Varianten z.B. gegen Spanisch mit Schwarz oder gegen Französisch mit Weiß sehr schnell und wandte sie erfolgreich in seinen Partien an. Am Ende stehen für ihn vier Punkte aus neun Partien zu Buche (in einigen Partien war noch mehr drin), er verbessert seine DWZ um fast einhundert Punkte und darf seine erste ELO sein eigen nennen. Nun kämpft er darum, in spätestens zwei Jahren wieder dabei zu sein.

Für unsere „großen“ Mädchen Veronika (u12w) und Rubina (u14w) lief das Turnier alles andere als gut bis gar nicht. Auch für die beiden setzte es zu Turnierbeginn eine Niederlage. Während diese bei Bini gegen die ehemalige Deutsche Meisterin Anastasia Voigt zwar eingeplant, aber mit einem schönen Kombination vermeidbar war, verhagelte der Setzlistendritten Vroni ein einzügiger Turmeinsteller im Endspiel den Turnierauftakt. Letztere kämpfte sich dann mit vier Siegen in Folge wieder zurück an die Tabellenspitze, aber in den vier abschließenden Runden kam sie trotz guter Vorbereitung jeweils sehr schlecht aus der Eröffnung, konnte nur einen sehr glücklichen Punkt holen und landet damit weit von ihren Ansprüchen entfernt auf Platz 12. Fast noch schlimmer lief es für Bini. Meist stand sie gut nach der Eröffnung, aber mehrere taktische Fehler kosteten sie schon gewonnen geglaubte Partien. Am Ende steht auch für sie mit dreieinhalb Punkten ein großes DWZ-Minus zu Buche. Die Corona-Zeit hat einiges durcheinander gewirbelt, viele Favoritinnen stürzten und oft wurden die Podestplätze von noch unbekannten Namen besetzt. Für die beiden heißt es nun, so schnell wie möglich ihre DWZ wieder aufzupolieren. Denn im nächsten Jahr hat Berlin nur einen einzigen Quali-Platz in der u14w, man muß also auf Freiplätze hoffen.

Alle Ergebnisse und Partien findet Ihr auf https://www.deutsche-schachjugend.de/2021/dem/lv/berlin/