Schon im September hatte sich unsere Mädchenmannschaft als Zweiter der Ost-Gruppe der NVM (hinter Weiße Dame) für die Deutsche Vereinsmeisterschaft U14w qualifiziert. Traditionell wird die DVM immer zwischen Weihnachten und Neujahr ausgetragen, musste wegen Corona aber mehrfach verschoben werden.

2021 DVM u14w 4Vom 23.-27.06. konnte das Turnier nun endlich stattfinden und wir reisten mit drei Autos für vier Mädchen :-) nach Willingen, gut bekannt von vielen Deutschen Einzelmeisterschaften. Unsere Mannschaft bestehend aus Veronika, Rubina, Madiha und Adel war in dem 18er-Feld auf Platz sechs gesetzt, aber mit gehörigem Abstand zu den „Allerbesten“. Nach den sehr durchwachsenen Ergebnissen im DEM-Quali-Turnier rechneten wir nicht mit einer vorderen Platzierung, dennoch gab der Trainer den Setzlistenplatz als Ziel aus.


Am Mittwoch stand nur die Anreise auf dem Programm, aber natürlich mussten die Corona-Tests kontrolliert, Zimmer bezogen und die Partien der ersten Runde vorbereitet werden. Leider zog sich die Anmeldung wegen etlicher verspätet angereister Teams lange hin, entsprechend ließ die Auslosung auf sich warten, und so konnte der Berichterstatter während der Analyse des ersten Gegners SV Oberursel nur ganz kurz ein paar Blicke auf das Drama Deutschland – Ungarn erhaschen. Mit dem Schlusspfiff waren dann die letzten Vorkehrungen für einen guten Start getroffen und es wurde zur Nachtruhe geläutet. Das war der Auftakt für vier sehr schöne, erfolgreiche, aber auch sehr lange Tage – mit etwa folgendem Ablauf:

  • 7:00 Uhr Aufstehen
  • 7:15 Uhr Vorbereitung nochmal durchsehen / Mannschaftsbesprechung
  • 7:45 Uhr Frühstück
  • 8:30 Uhr erste Runde des Tages (Dauer bis zu 5 Stunden)
  • 13:00 Uhr Mittagessen
  • 14:00 Uhr Vorbereitung / Mannschaftsbesprechung
  • 15:30 Uhr zweite Runde des Tages (Dauer bis zu 5 Stunden)
  • 19:30 Uhr Abendbrot
  • 21:00 Uhr Vorbereitung
  • 23:00 Uhr Nachtruhe

Natürlich war aber auch noch genügend Zeit fürs Rumalbern und Quatschen, gerne auch mit dem lustigen Kellner oder den Borussia-Jungs und Mädchen, und fürs Werwolf-Spielen.

Der Donnerstag begann mit einem schönen 4:0 Erfolg gegen die Hessen, der aber nicht ganz so souverän war, wie es das Ergebnis vermuten lässt. Auf jeden Fall stimmte er uns super auf Madihas kleine Geburtstagsparty zwischen den Runden ein und wir ließen sie lautstark hochleben. In Runde zwei durften wir als Tabellenführer an Tisch 1 gegen den Titelfavoriten aus Karlsruhe antreten. Dass die Badenerinnen nur in der zweitstärksten Besetzung antraten, wurde ihnen beinahe zum Verhängnis – zwischenzeitlich sah es nach einem 3,5:0,5 für uns aus. Dann setzte sich allerdings doch die größere Spielstärke durch und nur Bini und Madiha konnten ein Remis mitnehmen.

2021 DVM u14w 2Der Freitag sollte uns gleich zwei Mannschaftssiege bescheren. Der SC Papenburg (Niedersachsen) war vorne mit zwei 1600erinnen stark besetzt, die Punkte mussten also hinten kommen – und sie kamen. Adel und Madiha (mit dem Italienischen Killerangriff) gewannen recht locker. Als Vroni an Brett 1 auch noch ein recht ungefährdetes Remis beisteuerte, war der Kampf für uns entschieden. Der rote Faden des Erfolgs, der sich durch unser gesamtes Turnier zog, war, dass immer eine Teamkameradin einspringen konnte, wenn es bei der anderen mal nicht so lief. Das zeigte sich ganz besonders in Runde 4 gegen die Mädels vom SC Garching (Bayern). Als Rubina trotz Figurengewinn in der Eröffnung in einen Angriff der Gegnerin rannte, diesen nicht mehr abwehren konnte und damit auch die zweite Partie des Tages verlor, sprang Adel in die Bresche, wuchs über sich hinaus und gewann gegen ihre 200 Punkte stärkere Gegnerin. Auch Veronika und Madiha fügten ihrem Konto einen ganzen Zähler hinzu – mit dem 3:1 Erfolg rückten wir wieder auf Platz 5 vor.


In der Samstagvormittag-Runde gegen TuRa Harksheide zeigte Vroni zum wiederholten Mal ihre Nehmerqualitäten – mehrmals war ihre Stellung nicht berauschend bis schlecht, aber sie stand immer wieder auf. Auch im fünften Durchgang kämpfte sie sich zurück und holte ein Remis. Ähnlich machte es Adel, die ihr ungleichfarbiges Läuferendspiel mit einem Minusbauern beinahe noch gewann. Bini hatte noch vom Vortag Wut im Bauch und spielte ihre gleichstarke Gegnerin mit ihrem Budapester Gambit komplett an die Wand. Schon den dritten Punkt in Folge steuerte Madiha bei, diesmal musste sie aber die Gegnerin im Endspiel austricksen. Damit lagen wir punktgleich mit dem Ersten auf Platz 3, aber am Nachmittag warteten die Setzlistenzweiten von der SG Porz (NRW) auf uns und man muß neidlos anerkennen, dass sie diesmal die Besseren waren. Vroni bekam gegen ihre 1800er-Gegnerin kein Bein auf´s Brett. Bei Madiha ging schon die Eröffnung schief – wenn man sonst Skandinavisch spielt und auf e5 umsteigt, dann muss die Vorbereitung treffen - und sie bezog ihre einzige Niederlage im Turnier. Und auch Adel war chancenlos gegen ihre wieder einmal deutlich stärkere Gegnerin. Einzig Gastspielerin Bini hielt die TSG-Fahne hoch und besiegte ihre leicht stärker eingeschätzte Kontrahentin in einem Schottischen Gambit sicher.

Vor der abschließenden Runde am Sonntag lagen wir punktgleich mit drei weiteren Teams auf dem 2021 DVM u14w 33.-6.Platz und die Ausgangssituation war schnell klar. Zwei Teams der direkten Konkurrenz um Platz drei mussten noch gegen den Tabellenersten Karlsruhe und den Tabellenzweiten Porz spielen – die einzigen beiden Teams, gegen die wir verloren hatten. Mit einem Sieg gegen die Überraschung des Turniers - den SSV Altenberg (Sachsen) – konnten wir (fast) aus eigener Kraft den Sprung aufs Podest schaffen. Und die letzte Runde war an Dramatik für den Trainer, die mitgefahrenen Eltern und die Online-Zuschauer zu Hause nicht zu überbieten. Erst sah alles super aus – Rubina überspielte Schwarz mit ihrem Spanier, alle anderen kamen besser aus der Eröffnung. Doch dann verlor Adel im Endspiel einen Bauern und damit die Partie und Bini stellte kurz vor dem Matt (Stockfish zeigt +15 an) eine Figur ein und ihr ganzer Angriff löste sich in nichts auf. Und es kam noch schlimmer, auch Veronika kam durch einige strategisch falsche Bauernzüge in eine sehr brenzlige Stellung und hätte eine Qualität verlieren müssen. Doch in diesem Kampf war Caissa eindeutig auf unserer Seite und neigte die Waage zu unseren Gunsten. Erst schoss Madiha den verdienten Ausgleich und Rubina drehte – ich weiß nicht, wie – ihr Endspiel Turm-Läufer gegen Turm-Läufer-Springer komplett und gewann. Auch Vroni hatte sich wieder herausgekämpft und eine ausgeglichene Stellung erreicht, aber natürlich nahm die Gegnerin ihre Remis-Angebote nicht an. Das Team und alle Eltern versammelten sich, obwohl schon ausgecheckt, im Zimmer der Mädchen und fieberten dem erlösenden halben Punkt entgegen. Madiha und Rubina hielten es nicht mehr aus und wollten zurück in den Turniersaal, aber noch auf dem Hotelflur war plötzlich ein lauter Freudenschrei zu hören – Vroni war fertig und hatte das wichtige Remis geholt.


2021 DVM u14w 5Herzlichen Glückwunsch an unser Mädchen-Team zu dieser grandiosen Leistung und zum 3.Platz bei der DVM U14w, den es sich durch starken Willen, super Zusammenhalt und einfach durch tolles Schach absolut verdient hat. Noch beeindruckender wird dieser Erfolg, wenn man weiß, dass alle unsere Mädchen noch zur AK U12 gehörten und gegen bis zu zwei Jahre ältere Gegnerinnen spielen durften.

Mein großer Dank gilt ganz besonders auch den Mit-Vorbereitern, Spaßmachern und Begleitern Gerald Arnold, Amina, Sana und Kerstin Fock sowie Andrej Leongardt und den vielen Daumendrückern zu Hause vor den Bildschirmen.

Zum Abschluss hatte sich das Team natürlich noch mehrere Fahrten und Eis auf der Sommerrodelbahn Willingen verdient, bevor wir die sechs-stündige Heimfahrt antraten.

Alle Ergebnisse und Partien des Teams findet Ihr auf https://www.deutsche-schachjugend.de/2020/dvm-u14w/tsg-oberschoeneweide-ev/

Unser Glückwunsch gilt natürlich auch dem neuen U14-Meister aus Berlin – dem SV Königsjäger Süd-West – sowie dem Zweitplatzierten Borussia Lichtenberg.

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